Die Hand – Evolution Mensch im Griff

Es ist unsere Hand, die unsere Evolution zu Homo Sapiens, zu den Menschen, die wir aktuell sind, möglich machte. Anthropologen und Evolutionsbiologen haben in den letzten Jahrzehnten beweiskräftig aufgezeigt: Die Entwicklung unseres Gehirns, unseres Denkens wurde vor allem auch durch die Hand gefördert.

Das menschliche Gehirn entwickelte sich erst weiter, nachdem die Homininen gelernt hatten, immer geschickter mit Werkzeugen umzugehen. Unsere Vorfahren vor Millionen Jahren begannen, die Hände nicht mehr nur für die Fortbewegung zu verwenden. Sie konnten Steine z. B. zum Hämmern einsetzen. Die Hände fingen die starken Belastungen auf und federten sie ab. Ausgangslage für diese Verwendungsmöglichkeiten war der Daumen. Der Daumen der Homininen war bereits länger als bei Orang-Utan, Gorilla und Schimpanse. Dies ermöglichte ihnen drei Griffe, die die Grundlage zur weiteren Entwicklung bildeten:

  1. Der seitliche Zangengriff: Die Spitze des Daumens drückt dabei gegen die Seite des Zeigefingers.

  2. Der 3-Punkte-Feingriff: Daumen, Zeige- und Mittelfinger umgreifen einen Gegenstand.

  3. Der 5-Punkte-Korbgriff: Alle fünf Finger halten den Gegenstand – und der Gegenstand kann gleichzeitig mit allen fünf Fingern bewegt werden.

Durch die Veränderung der Hand der Homininen war es möglich, Steine, Wurfbeile und Wurfscheiben präzise zu werfen. Für die ersten Jäger hat sich der Präzisionswurf als Überlebensfaktor erwiesen. Denn wer besser werfen konnte, erlegte mehr Beute und konnte sich besser ernähren. Dadurch blieb er leistungs- und fortpflanzungsfähiger.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die immer differenziertere Fähigkeit, präzise zu werfen, das Gehirn wachsen ließ. Denn das genaue Werfen schuf einen riesigen Bedarf an mehr und mehr zusammenfeuernden Nervenzellen.

Einen Hammer in die Hand zu nehmen, genau zu zielen und dann zu werfen ist physiologisch eine riesengroße Herausforderung. Um präzise werfen zu können, ist die Fähigkeit, ein Zielbild zu kreieren, essentiell. Dann wird errechnet, welche Bewegungen nötig sind, um dieses Ziel zu treffen. Als Nächstes wird die Bewegungskoordination zwischen der Hand, dem Arm und der Schulter und der Bewegung des ganzen Körpers entwickelt. Der Arm wird zusammen mit dem ganzen Körper während des Ausholens gespannt. Wie bei einem Katapult schafft der Körper die Spannung, so dass eine rasche Beschleunigung der Hand möglich wird. Gleichzeitig wird der Wurfgegenstand im richtigen Moment losgelassen.

Unsere Vorfahren haben also durch das Werfen auf der Jagd eine vorausschauende Koordination zwischen Zeit, Raum und Anstrengung im Körper entwickelt, die immer mehr neuronale Verknüpfungen erforderte. Wissenschaftler vermuten, dass die relativ schnelle Vergrösserung des Gehirnvolumens unserer Vorfahren dadurch massgeblich beeinflusst wurde.

Das Werfen und die damit verbundenen komplexeren Hirnstrukturen haben in der Folge andere typisch menschliche Fähigkeiten möglich gemacht. So ist z. B. die menschliche Sprache auf die hochgenaue Sequenzierung der Bewegung angewiesen. Die Veränderungen unseres Gehirns, die durch das präzise Werfen ermöglicht wurden, hat unter anderem also auch die Basis für die menschliche Sprache geschaffen.

Fazit: Es ist unsere Hand, die unsere Evolution zu Homo Sapiens, zu den Menschen, die wir aktuell sind, möglich machte. Wer mehr dazu lesen möchte, dem empfehle ich gerne folgende Bücher:

  • Wilson, F.: Die Hand– Geniestreich der Evolution. Ihr Einfluss auf Gehirn, Sprache und Kultur des Menschen. Klett-Cotta, Stuttgart 2000.

  • Calvin, W. H.: Der Strom, der bergauf fließt. Eine Reise durch die Evolution. dtv, München 1997.

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Die Hand – Ein Wunderwerk